EXKURSION Heimat- und Geschichtsverein bringt Historie Neu-Anspachs in Erinnerung / Führung mit Prof. Dr. Eugen Ernst
NEU-ANSPACH - (ugo). Die Veranstaltung hatte noch nicht einmal begonnen, da wurde dem Vorstand des Heimat- und Geschichtsverein Neu-Anspach klar: Das ist mit einem Mal nicht zu schaffen. Auch wenn es ein begrenztes Areal war, das man zu besuchen gedachte, mit gut 80 Teilnehmern hätte es den zeitlichen Rahmen gesprengt. Schließlich wollte man den Fragen der Gäste in hinreichender Weise nachkommen. So ging es am vergangen Samstagnachmittag von der Kirche aus lediglich zur Rathausgasse (hier gab es einmal eine Rathausstube mit Schule), zur Billgasse (die mal Schulstraße hieß) und in die Backhausgasse, deren Name sich nicht auf ein öffentliches Backhaus bezieht, sondern auf mehrere Bäckereien, bei denen die Bevölkerung ihr Brot backen lassen konnte.
Auf dem Rückweg über die Usastraße wurde noch mal kurz am Geburtshaus von Prof. Ernst gehalten. Weiteres über „die Bach“ und den Rest des alten Ortskerns wird man im zweiten Teil der Exkursion im kommenden Frühjahr erfahren. Prof. Dr. Eugen Ernst blieb so genügend Raum, seine Berichte und Geschichten in gewohnt lockerer und humorvoller Art vorzutragen. Und das auf hohem Niveau. Geschichtliche Abläufe, Jahreszahlen und Hintergründe, stets in Verbindung mit den heimatlichen Geschehnissen, machen Ernsts Vorträge zu gut verständlichen Erzählungen, die immer auf großes Interesse stoßen. Und das nicht nur bei den „Alt-Anspachern“; auch Hausen-Arnsbacher, Westerfelder, Rod am Berger, Wehrheimer und Neu-Anspacher „Neubürger“ ergänzten den Kreis der Teilnehmer. So hörte man immer wieder Beiträge wie „das wusst ich aber auch noch net“ bis zu „doas hat mein Babbe aach immer verzählt“. Und die, die lange nicht mehr im alten Ortskern von Anspach waren, brauchten oft einige Zeit, bis sie bestimmte Orte wiedererkannten. Der Professor aber half mit seinen bildhaften Erzählungen den Erinnerungen auf die Sprünge. Genau wusste er, welche Gebäude wo standen, was abgerissen und wie wieder aufgebaut wurde oder was mit den ehemaligen Bewohnern passierte.
Der Rundgang begann an der Kirche. Sie war nicht immer Mittelpunkt des Dorfes, denn ursprünglich war Anspach eine Anreihung von acht bis zehn Höfen entlang der Usa, beginnend am heutigen Schwimmbad bis zur Eisenbahnbrücke in der unteren Bahnhofstraße und hieß dementsprechend damals auch „Langenansbach“. Kirchlich gehörte der Ort damals Wehrheim an und nachdem um 1500 am heutigen Standort eine Kirche erbaut wurde, entwickelte sich nach und nach um das Gebäude ein sogenanntes „Haufendorf“. Die Bevölkerung hatte zugenommen, sie brauchte alle Flächen außerhalb für Vieh und Getreideanbau und zudem gab die dörfliche Nachbarschaft einen größeren Schutz. Nicht immer gereichte die Nähe und Verschachtelung der Häuser zum Vorteil.
Als in der Nacht zum 1. Oktober 1797 ein Feuer ausbrach, vernichtete der Brand sämtliche Gebäude, alle mit Stroh gedeckt, zwischen Rathausgasse und Langgasse. 18 Familien wurden obdachlos. Viele Familien sind in dieser Zeit geschlossen nach Amerika ausgewandert, denn das Dorf war arm, die Möglichkeiten, die Familie zu ernähren, wurden immer schlechter. Durch die Erbteilung reichte der Ertrag der Ländereien nicht mehr für alle, die Industrialisierung vernichtete später auch noch den Broterwerb durch Weberei und Nagelschmiede.
Erst mit der Bahnanbindung Ende des 19. Jahrhunderts verbesserte sich die Situation, die Bevölkerung konnte Arbeit im Rhein-Main-Gebiet annehmen. Neben diesen Fakten wusste Ernst, von den Anspachern „de Professor“ genannt, noch mit allerlei Anekdoten aufzuwarten. Dabei wurden nicht nur die Lachmuskeln aktiviert, sondern auch die Erinnerung an manch alte Anspacher Bürger. Ob ans „Metzjersch“, de lange Petter“ oder Anspachs heimlichen Chronisten, den „Hasselbach“.