Der Heimat- und Geschichtsverein stellt ein Modell der Altstadt als Dauerleihgabe für das Foyer des neuen Rathauses zur Verfügung.
„Da war die alte Schule, und da war das Rathaus, bevor es da neben der Kirche war.“ So ähnlich klangen die Gespräche, die sich am Dienstagabend im Foyer des neuen Rathauses sofort nach den offiziellen Worten über der Glasscheibe mit dem Blick von oben auf das alte Anspach ergaben.
Das Altstadt-Modell ist ein geniales Anschauungsobjekt für den, der sich für die Entwicklung des alten Dorfes am Usbach interessiert. Nicht nur für die bauliche Entwicklung, sondern auch für die soziale Entwicklung, denn schon die Enge der Gassen und Höfe zeigt, dass dem Gefüge rund um die Kirche im 17. und 18. Jahrhundert kein Wohlstand zugrunde lag.
Einer der engen Höfe, den sich zwei Parteien teilten, war der Hof der Familie Wagner in der Usastraße. In dem hat der Schöpfer des Modells, Hans Wagner, die rund 400 Häuser zusammengeklebt, und das mit einer ausgesprochenen Liebe zum Detail, denn weder die Schornsteine noch das Plumpsklo auf dem Hof hat er vergessen.
Heinz Henrici übergab als Vorsitzender des Heimat- und Geschichtsvereins das Modell als Dauerleihgabe an die Stadt und ging auf dessen Entstehungsgeschichte ein. Hans Wagner war nämlich gar kein geborener Anspacher, sondern er hat als verletzter Soldat Else Velte kennengelernt. Die beiden haben in dem Haus in der Usastraße zusammengefunden und nicht nur am Modell gebastelt, sondern auch drei Söhne hinterlassen. Die waren ebenfalls zur Übergabe gekommen, und sie hatten einst den Vater angeregt, aus dem ursprünglichen Plan, nur das Elternhaus nachzubilden, ein Altstadtprojekt zu machen.
Mit offenen Augen
„Als Briefträger kannte Hans Wagner den Ort wie kein anderer. Er ist mit offenen Augen durch die Gassen gegangen“, erläuterte Henrici zu dem in Leverkusen geborenen Hans Wagner.
Lange Zeit hatte das Modell keine sichere Bleibe, und war zudem dem Zahn der Zeit ausgesetzt. Deshalb konnte es aus dem Archiv im Keller eines Hessenpark-Hauses auch nicht einfach so ins neue Rathaus gebracht werden, sondern musste zunächst restauriert und ergänzt werden. Das geschah wieder im Haus in der Usastraße, wo Sohn Wolfgang das Werk des Vaters auf Vordermann brachte (die TZ berichtete bereits). „Sein Pech war, dass er einmal mit dem Modell eines Römerturms in die Linde zu einer Veranstaltung des Heimat- und Geschichtsvereins kam“, sagte Henrici, „da wusste ich, das ist der richtige Mann für die Restaurierung.“
Damit war es aber auch noch nicht getan. Eine Vitrine war für den neuen Standort unverzichtbar, und da konnte sich der Verein auf Herbert Jäger verlassen. Der hat sich nicht lange bitten lassen und kostenlos für den Verein und die Stadt das solide Möbelstück mit bruchsicherer Glasscheibe gebaut. Elektro-Datz hat die Beleuchtung beigesteuert, und nun hat das Modell seinen Ehrenplatz erhalten und erinnert nicht nur an das alte Anspach, sondern auch an den 1923 geborenen und 2009 verstorbenen Briefträger mit den offenen Augen für die Geschichte seines Wohnortes.
„Das müssen wir unbedingt ausstellen“, hatte Bürgermeister Klaus Hoffmann (CDU) noch die Worte seines Mitarbeiters Markus Wolf, der den Neubau geleitet hatte, im Ohr. Beide Seiten wurden sich schnell einig, und eine Einigung zum Nutzen beider Seiten und zum Nutzen der Stadt ist auch die Unterbringung des Stadtarchivs im ehemaligen Rathausgebäude gegenüber, wofür Henrici dem Bürgermeister, der Politik und dem Magistrat dankte.
Zum Modell konnte der Bürgermeister gleich noch erste Erfahrungen weitergeben: „Das Modell fasziniert auch junge Leute“, hat er schon beobachtet. Es ist aber auch ein Hingucker.
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